Die dritte Sitzung
Leider ist es mit der Veröffentlichung dieses Eintrages etwas spät geworden. Die nächsten Protokolle werden wieder zeitnaher erscheinen
Kognitive Theorien des Lernens
Die zweite Sitzung des Seminars, die wieder von der Dozentin gestaltet wurde, hatte das „Gedächtnis“ zum Thema. Als Gedächtnis wird prinzipiell der „Ort“ bezeichnet, an dem alles, was der Mensch weiß, gespeichert ist und bei Bedarf mehr oder weniger abgerufen werden kann. Zu Beginn der Stunde wurde ein allegorischer Vergleich des menschlichen Kopfes zu einem PC gezogen; das bietet sich an: verschiedene Hardwarekomponenten und Peripheriequellen dienen, ähnlich den menschlichen Sinnen, der Übermittlung externer Informationen an das Motherboard. Dort werden sie von dem Arbeitsspeicher verarbeitet und letztendlich abgespeichert.
Ein sehr interessantes Thema! Aller Alltag hängt von dem Vorhandensein eines funktionierenden Gedächtnisses ab, trotzdem kann der eigentliche Prozess der Informationsverarbeitung wohl nicht wirklich erschlossen werden. Ich persönlich bin auf dem Gebiet auch so gar nicht bewandert und unterschied bis dahin das Gedächtnis höchstens in den gemeinhin bekannten Komponenten Kurz- und Langzeitgedächtnis. Die sind insofern voneinander abhängig, als dass jegliche Information zunächst in das Kurzzeitgedächtnis gelangt, wo dann durch verschiedene Prozesse (z.B. Iteration) darüber entschieden wird, ob sie denn in das Langzeitgedächtnis hineindarf, wo sie dann zu „Wissen“ geadelt wird. Darüber bin ich mir der Unzulänglichkeit dieser Ansicht bewusst – fast täglich hat man mit Phänomenen des Gedächtnisses zu tun, die es unkontrollierbar und fast arbiträr erscheinen lassen. Wer kann schon von sich behaupten, tatsächlich auf das von ihm Erlernte zurückgreifen zu können? (Beispiel Latinum)
Daraufhin wurde ein Text von Woolfolk, der sich mit dem Thema auseinandersetzt, ähnlich wie in der letzten Sitzung in Abschnitten jeweils von Kleingruppen bearbeitet um dann dem Plenum anhand von Plakaten vorgestellt zu werden. Die Gruppen sollten dann von ihrem jeweils behandelten Gedächtnisteilstück einen Bogen zu der Allegorie mit dem PC schlagen. Meine Arbeitsgruppe befasste sich dabei mit dem Sensorischen Gedächtnis. Dieses vermittelt die Unmengen an fortlaufend auf die menschlichen Sinne einprasselnden Wahrnehmungen an das Arbeitsgedächtnis weiter – dieses steuert aber wiederum das Sensorische Gedächtnis, indem es dieses auf gewisse Informationen ausrichtet, die gewissen Schemata entsprechen. Ohne diese Selektive Wahrnehmung würde der Mensch wohl kaum in der Lage sein, sich in der Wirklichkeit „normal“ zu orientieren, wie es etwa bei Autismus der Fall ist.
Das im Text vorgestellte Modell (Seite 310) mit den reziproken Einflüssen und Relationen der verschiedenen Gedächtnisteile schildert dabei zwar plausibel das Lernen – aber dabei handelt es sich doch um rein hypothetische, fast schon spekulative Vorgänge? Ich meine, dieses Vorgänge sind nicht wie ein chemisch zu untersuchender Stoffwechsel wirklich nachweisbar – in dem Gehirn als einem großen Klumpen rosagrauer Masse wird man wohl dem ein oder anderen Areal einzelne Zuständigkeitsbereiche zuordnen, das lässt sich aber wohl nicht wirklich nachweisen... Das mag wohl daran liegen, dass der Kopf des Menschen bei diesen Theorien zugleich Agens und Patiens, also Objekt der Untersuchung und Untersucher selbst ist. Um das Gedächtnis zu untersuchen, müsste man hinter das Gehirn zurücktreten können, was sich als schwierig erweisen sollte.
Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass es sich für die Gestaltung des Schulunterrichtes als sehr nützlich erweisen könnte, diese (obschon konstruierten) Mechanismen zu kennen und entsprechend zu nutzen. Die oben erwähnte Selektive Wahrnehmung spielt dabei zweifellos eine wichtige Rolle – schließlich darf man nicht vergessen, dass die Schüler, denen man eines Tages gegenüberstehen wird, wohl so Einiges interessanter und wichtiger finden werden als den Unterricht. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass nicht nur durch äußerlich wahrnehmbare Informationen die Aufmerksamkeit von dem Lehrgeschehen weggelenkt wird, sondern nicht selten auch durch die blühende Phantasie des Gelangweilten, die das Sensorische Gedächtnis für Sinnesreize nahezu unempfindlich machen kann. Der naheliegende Rat, einfach keinen langweiligen Unterricht zu machen, ist wohl leichter gesagt als getan, man ist nicht zuletzt mit vielen Unterrichtsstunden konfrontiert worden, die genau mit diesem Vorsatz kolossal scheiterten. Zumindest wird man dafür Sorge tragen müssen, dass eine möglichst störungsfreie Arbeitsatmosphäre gewährleistet wird und der Unterricht durch Abwechslung und Methodenvielfalt etc. die Aufmerksamkeit der Schüler immer wieder neu auf sich zieht.
Die Präsentationen der Gruppen bauten thematisch aufeinander auf, ich empfand sie als durchweg verständlich und gelungen.
Genau wie in der letzten Sitzung habe ich bemerkt, dass ich in der Erarbeitung von einer Präsentation zuvor erarbeiteter Ergebnisse unter Zeitdruck nicht wirklich bewandert bin. Wieder mussten wir das uns zur Verfügung gestellte Zeitkontingent überziehen.
Fazit
Der Mensch nimmt seine Umwelt selektiv wahr, er richtet seine Aufmerksamkeit auf bewusste Schemata aus, nur was er aufmerksam wahrnimmt, wird im Langzeitgedächtnis abgespeichert, ansonsten verworfen. Dies scheint mir wertvolles theoretisches Wissen zu sein für die Gestaltung von Unterricht, auch wenn ich die notwendige Konsequenz – Methodenvielfalt, Abwechslung, Vermeiden von Störungen etc. auch ohne die zweifelsohne interessanten Modelle der Gedächtnisfunktionen als für guten Unterricht notwendig erachtet hätte.
Es wäre sicher nützlich, übliche Unterrichtsbausteine (wie etwa Übungen, Gruppenaufgaben, Filme etc.) anhand dieser Theorien auf ihre Aufmerksamkeitsweckung und – lenkung hin zu untersuchen, um diese dann gegebenenfalls zu optimieren.
Auf jeden Fall erwarte ich von den Neuen Medien einen Vorteil bei der Unterrichtsgestaltung und hoffe, im weiteren Verlauf des Seminars in ihrem Umgang geschult zu werden. Hierfür war insbesondere der Vortrag der letzten Gruppe für mich interessant, da der direkte praktische Nutzen für den Unterricht auf der Hand liegt: Der Dualismus zwischen „guten“ und „schlechten“ akustischen sowie optischen Reizen sollte einem Lehrer stets präsent sein, will er nicht seinen Unterricht durch den Einsatz aufmerksamkeitsheischender technischer Spielereien ruinieren.
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